Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5.5.2022, Az. III ZR 131/20, zum Kapitalanlagebetrug gemäß § 264 a StGB: Anlegerschutz bei einer unrichtigen vorteilhaften Prospektangabe im Prospekt?

Haften Vorstandsmitglieder nach § 823 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) in Verbindung mit § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB (Strafgesetzbuch) persönlich Anlegern auf Schadensersatz für Fehler in den Wertpapierprospekten des emittierenden Unternehmens? Nach dem neuen Urteil des Bundesgerichtshofes vom 5.5.2022 zum Aktenzeichen III ZR 131/20, zu dem jetzt die Begründung vorliegt, sind Vorstandsmitglieder persönlich dafür verantwortlich und haften auf Schadensersatz, wenn im Wertpapierprospekt falsche bilanzielle Bewertungen von Forderungen des Unternehmens enthalten sind, die im konkreten Einzelfall eine große Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg des Geschäftskonzeptes und damit für die Entscheidung eines Kapitalanlegers haben können. Dabei können sich die Vorstandsmitglieder auch nicht in einem angeblichen Tatbestandsirrtum in der Weise herausreden, dass sie nicht erkennen hätten können, dass falsche Angaben in zweistelliger Millionenhöhe im Prospekt fehlerhafterweise enthalten waren. Vorstandsmitglieder können sich in solchen Fällen auch nicht darauf berufen, ihre Mitarbeiter hätten in ständigem Kontakt mit den Wirtschaftsprüfern des Unternehmens gestanden oder man habe später Presseerklärungen mit teilweisen Berichtigungen zu den Wertansätzen herausgegeben.

Haftung von Vorständen auf Schadensersatz – Fachanwalt hilft!

Der Kläger, ein Kapitalanleger, hatte 2010 und 2011 Anleihen des fraglichen Unternehmens, das im Immobiliensektor tätig war, erworben. Die Wertpapierprospekte zu den Emissionen haben ihm beim Erwerb ein falsches Bild von der Finanz- und Ertragslage des Unternehmens in den Geschäftsjahren 2008 und 2009 vermittelt. Dies hatte die Geschäftsleitung zugelassen, um dadurch die Anleihen besser vermarkten zu können. Das Unternehmen, so der Vortrag des Klägers, sei bereits Mitte 2008 zahlungsunfähig und insolvenzreif gewesen. Hätte der Kläger dies gewusst, hätte er zu keinem Zeitpunkt auch nur eine einzige Anleihe des Unternehmens erworben.

Wirtschaftsprüferbestätigungsvermerk entlastet nur den redlichen Vorstand

Der Bundesgerichtshof führt in seiner Entscheidung vom 5.5.2022 zum Aktenzeichen III ZR 131/20 zunächst aus, dass ein Vorstand, der sich mit der Begehung von Kapitalanlagebetrug strafbar macht, auch zivilrechtlich den geschädigten Kapitalanlegern auf Schadensersatz haften kann. Die Leitsätze des Urteils lauten:

„a) § 264a StGB ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers. Ein Schadensersatzanspruch nach § 823Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB scheidet nicht schon dann aus, wenn ein Wertpapier über den (Börsen-)Handel unter den Marktteilnehmern, also über den Sekundärmarkt, erworben wird (Fortführung von Se-nat, Urteil vom 11. April 2013 – III ZR 79/12, WM 2013, 1016 Rn. 37; BGH, Urteile vom 21. Oktober 1991 – II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 13 f; vom 19. Juli 2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 141; vom 1. März 2010 – II ZR 213/08, WM 2010, 796 Rn. 23 f; vom 24. Juni 2014 – VI ZR 560/13, WM 2014, 1470 Rn. 24; vom 12. Mai 2015 – VI ZR 102/14, WM 2015, 1562 Rn. 24 und vom 22. Dezember 2015 – VI ZR 101/14, juris Rn. 25).

b) Bei einer auf eine fehlerhafte bilanzielle Bewertung einer (möglicherweise) risikobehafteten Forderung zurückzuführenden unrichtigen vorteilhaften Angabe in einem Prospekt im Sinne des § 264a Abs. 1 StGB kann die Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks durch einen Wirtschaftsprüfer bei einem – redlichen – Vorstandsmitglied einer Kapitalgesellschaft, das alle Aufklärungen und Nachweise, die für eine sorgfältige Prüfung notwendig sind, erteilt respektive durch nachgeordnete Mitarbeiter oder von ihm beauftragte Dritte erteilen lässt, die Annahme eines vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtums begründen.

c) Zu der durch Lebenserfahrung begründeten Vermutung der Ursächlichkeit eines Prospektfehlers für die Anlageentscheidung.“

Wie zu lesen ist, erklärt das oberste Zivilgericht, dass sich nur ein redlicher Vorstand bzw. Geschäftsleiter auf einen Bestätigungsvermerk des Wirtschaftsprüfers zu seiner eigenen Entlastung berufen kann. Hat der Vorstand unredlicherweise dem Wirtschaftsprüfer des Unternehmens falsche Angaben gemacht und wichtige Tatsachen verschwiegen, kann sich der Vorstand nicht auf einen Tatbestandsirrtum berufen und die Schuld dem Wirtschaftsprüfer zuschieben.

Fachanwaltliche Rechtsdurchsetzung bei Kapitalanlagebetrug § 264a StGB

Wollen Sie wissen, ob Sie das Opfer von Kapitalanlagebetrug gemäß § 264a StGB geworden sind? Frau Rechtsanwältin Dr. Gäbhard hat über Kapitalanlagebetrug promoviert: „Das Tatbestandsmerkmal der ‚wesentlichen Umstände’ beim Kapitalanlagebetrug gemäß § 264 a StGB“ Dabei wurde von ihr im Jahr 1993 eine wissenschaftliche juristische Definition der „wesentlichen Umstände“ entwickelt. Diese lautet: „Für die Erwerbs- bzw. Erhöhungsentscheidung des Anlegers ‚erheblich‘ ist jeder Umstand, der für die konkrete Kapitalanlage ein über das allgemeine Unternehmerrisiko hinausgehende spezielles Risiko innerhalb des Beteiligungsverhältnisses oder hinsichtlich der Realisierbarkeit des entworfenen Kapitalanlageangebotes im Rahmen einer Ex-Ante Betrachtung bedeuten kann.“ Siehe dazu gerne auch:

https://www.gaebhard.de/ueber-uns/

Wenn Sie Fragen im Zusammenhang mit Ihrer Kapitalanlage und den in Betracht kommenden Haftungsgegnern haben, kontaktieren Sie uns! Gerne prüfen wir für Sie schnell und lösungsorientiert die rechtlichen Möglichkeiten und vertreten Ihre rechtlichen Interessen und setzen professionell und engagiert Ihre Rechte durch!

Kontaktieren Sie unsere erfahrene Fachanwaltskanzlei jetzt per kostenfreier Anfrage:

DR. GÄBHARD RECHTSANWALTSKANZLEI

Wir freuen uns sehr auf Ihre unverbindliche und kostenfreie Anfrage!

Zurück zum News-Überblick

Leave a Reply

KONTAKT
close slider





    Einwilligung zur Datenverarbeitung gemäß

    Standorte der Kanzlei

    Kanzleisitz München

    Tel: 089/45 21 33 88
    Fax: 089/45 21 33 99

    Zweigstelle Berlin

    Tel: 030/303 66 45 40
    Fax: 030/303 66 45 41

    Bei Einverständnis mit der Datenverarbeitung gemäß unserer Datenschutzerklärung senden Sie uns gerne Ihre Informationen und Unterlagen per E-Mail an kanzlei@gaebhard.de